Ein Versuch, das Konzept der Chakras etwas zugänglicher zu machen,…
- Julia Majon
- 7. Dez. 2021
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Dez. 2021
... und die Farbe des Herzchakras

Das Beschäftigen mit Lehrgebäuden anderer Traditionen
Das Konzept von Chakras wirkt im ersten Moment für westliche Ohren oder auch Augen vielleicht eher befremdlich oder wie Hokuspokus. Ich lebe nach dem Motto, sich zunächst unvoreingenommen die vielseitigen (alten) Lehren aus den verschiedensten Regionen der Welt anzuhören und sich dann zu fragen: Kann das sein oder ist das unplausibel für mich? Was ist damit überhaupt gemeint? Und dann vor allem: Erlebe ich mich und die Welt auch so? Kann ich das in meiner Erfahrung wiederentdecken? Und möchte ich mich darauf einlassen, zu erfahren, ob die beschriebenen Phänomene tatsächlich existieren?
Das Herausfordern der eigenen häufig traditionell überlieferten Vorstellungen und Meinungen über die Welt durch die anderer Traditionen kann Verunsicherung erzeugen. Ein gewisses Maß an Stabilität und Selbstverständlichkeit in unseren Überzeugungen brauchen wir, denke ich, damit es uns gut geht und wir „funktionieren“. Gleichzeitig kann die Beschäftigung mit andersartigen Vorstellungen auch Flexibilität in Gedanken und ein besseres Verständnis von sich und der Welt zur Folge haben. Im Folgenden werde ich die Lehre der Chakras grob darlegen, wie ich sie verstehe. Vielleicht möchtest du dir diese Lehre ja einerseits unvoreingenommen, andererseits aber auch kritisch zu Gemüte führen.
Chakras, Charaktereigenschaften und deren Aktivierung
In den yogischen (aber auch in anderen) Lehren werden immer wieder so genannte energetische Zentren im (feinstofflichen) Körper beschrieben (Chakra, Sanskrit für Rad), die blockiert sein und aktiviert werden können. In den Lehren werden meist sieben Hauptzentren beschrieben, die sich entlang der Wirbelsäule aufreihen: Wurzel-, Sakral-, Nabel-, Herz-, Kehl-, Stirn- und Scheitelchakra. Jedem dieser sieben Chakras werden bestimmte Charaktereigenschaften zugewiesen, wie z. B. Geerdetsein dem Wurzelchakra (Muladhara) am unteren Ende der Wirbelsäule; Offenheit und Toleranz dem Herzchakra (Anahata) im Bereich des Brustbeins, oder Intuition und geistige Kräfte dem Stirnchakra (Ajna) im Bereich zwischen deinen Augenbrauen bis zur Mitte deiner Stirn.
In der yogischen Lehre wird weiter berichtet, dass diese Eigenschaften über die Aktivierung des jeweiligen Chakras gestärkt werden können. Und aktiviert werden könne ein Chakra (z. B. das Stirnchakra) auf verschiedenen Wegen: über einen bestimmten Klangton (z. B. OM), eine bestimmte Form (z. B. über ein Dreieck im Kreis) oder auch über eine bestimmte Farbe (z. B. Weiß).
Einige Menschen, z. B. Yogis und Yoginis, die sich über eine lange Meditations- und Yogapraxis auszeichnen, berichten davon, die Chakras und deren Eigenschaften beobachten zu können. Aus diesen Erfahrungen speisen sich (meist) die Lehren. Natürlich muss man hier kritisch bleiben, da es wohl einen Unterschied gibt zwischen einer wirklichen Erfahrung von Chakras und der durch Vorstellungen oder Bilder erzeugten Erfahrung von Chakras (d. h. keiner „wirklichen“ Erfahrung – wobei auch dieser Erfahrungsbegriff noch mal kritisch beleuchtet werden kann). Es ist hier der Erkenntnisweise nach zunächst schwieriger als z. B. bei objektiv-wissenschaftlich geprüftem Wissen (der Naturwissenschaften) zwischen wirklichem Wissen und, ich sag mal ganz flapsig, „Quatsch“, was die Wirklichkeit nicht abbildet, zu unterscheiden. In letzter Instanz kann nur jeder für sich selbst entscheiden, welche Lehrmeister*innen überzeugender auf einen selbst wirken, und selbst zu prüfen, ob man die beschriebene Erfahrung (nach am besten mehreren Anlaufversuchen) teilt oder nicht.
Wird das Herzchakra über die Farbe Blau oder die Farbe Grün aktiviert?
In einem meiner 4-Wochen-Online-Kurse gab es eine Rückfrage zur Farbe, welche dem Herzchakra zugeordnet wird. Ich leite in meinen Kursen an, dass die Anregung des Herzchakras (Anahata-Chakra) über die Farbe Blau geschehe. Ich stehe damit in der Tradition von Swami Shivananda (1887-1963). Weit verbreitet ist jedoch, dass das Herzchakra über die Farbe Grün aktiviert werde. Auch wenn ich denke, dass die generelle Aufmerksamkeitslenkung auf den Herzbereich hauptsächlich zur Aktivierung des Herzchakras und damit zur Stärkung der Eigenschaften der Weite, des Mitgefühls, der Offenheit und der Toleranz führt, möchte ich ein paar Worte zur Aktivierung über die Farbe sagen.
Die Farbe Blau ist die Farbe des Himmels bzw. auch der Luft und damit der Weite bzw. der Bewegung. Du merkst vielleicht schon hier, dass es auch für den „westlich“ Denkenden gar nicht so fern liegt, anzunehmen, dass innere Bilder (wie eine Farbe oder eine mit einer Farbe assoziierte Erfahrung oder Gegenstände) bestimmte psychische Effekte haben. Und auch, dass sich Psychisches im Körper und umgekehrt niederschlagen kann, sagt z. B. sowohl die psychosomatische Medizin (Kopf-, Bauchschmerzen) als auch die Körperpsychotherapie und die eigene Erfahrung von bestimmten Gefühlen in bestimmten Körperbereichen.
In der Tradition von Swami Shivananda wird bei jedem Chakra eine innere Farbe von einer Aura-Farbe (äußeren Farbe) unterschieden. Beim Herzchakra wird in der Lehre als innere Farbe Blau, als Aura-Farbe Grün berichtet. Nach außen hin strahlt das Herzchakra also grün. Mit Grün, so kannst du vielleicht selbst erleben, ist die Freundlichkeit oder auch eine rücksichtsvolle, unaufdringliche Hinwendung verbunden. Diese letztgenannten Eigenschaften wieder entwickelt jemand, der das Herzchakra aktiviert hat. Dann strahlt das Herzchakra also grün. Aktiviert wird es jedoch durch die Farbe Blau, dem Gefühl von Weite und Offenheit.
In einer sehr bekannten anderen Tradition nach dem Theosophen Charles Webster Leadbeater (1847-1934) wird davon ausgegangen, dass die Chakras in Verbindung mit den Regenbogenfarben stünden. So wird hier dem Wurzelchakra z. B. die Farbe Rot (statt Gelb wie in der Shivananda-Tradition) und dem Herzchakra die Farbe Grün (statt Blau) zugeordnet und es wird über die Meditation auf diese Farben das jeweilige Chakra versucht zu aktivieren. Wie gesagt, ich denke, dass es letztlich vor allem über die Aufmerksamkeitslenkung zur Aktivierung des Chakras bzw. der Charaktereigenschaften kommt. Daher ist es nicht „völlig falsch“, wenn du mit den nach Leadbeater beschriebenen Farben die Chakras zu aktivieren versuchst, solange du dabei deine Aufmerksamkeit auf den bestimmten Körperbereich legst. Und wie dir vielleicht auffällt, entspricht die Aura-Farbe (also die nach außen strahlende Farbe) in der Tradition von Swami Shivananda der von Leadbeater beschriebenen Farbe für das Herzchakra. D. h. wenn du mit Grün statt mit Blau auf dein Herzchakra meditierst, ist das auch nicht völlig fern von der Shivananda-Tradition.
Schlussworte
Du siehst, auch im Yoga gibt es auseinander gehende Lehren, und man geht auch hier nicht umhin, sich selbst zu fragen: Was halte ich für plausibel? Was davon möchte ich versuchen zu erleben? Und dann wie erlebe ich die Welt und mich? Also, mein Tipp: Begegne spirituellen Lehren unvoreingenommen und offen, aber bleibe kritisch und achte darauf, dass die deinen traditionell geprägten Vorstellungen widersprechenden Lehren dich nicht in negativer Weise verwirren, sondern eher vielleicht Erstarrtes gelockert wird und ein positives Staunen über andere Sichtweisen in dir erzeugt wird. Und vielleicht bekommst du auch neue Einsichten über dich, über die Welt und über dich in der Welt.
Für zum Thema passende, auf www.deinpsychischesimmunsystem.de/4-wochen-online-kurse angebotene Online-Video-Kurse, einfach auf das Play-Symbol klicken.
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Siehe auch:
Yoga Vidya e.V. (2021). Herz-Chakra. https://wiki.yoga-vidya.de/Herzchakra (Abgerufen am 07.12.2021)
Yoga Vidya e.V. (2021). Chakra. https://wiki.yoga-vidya.de/Chakra (Abgerufen am 07.12.21)
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